Sehr oft werde ich nach meinem Lieblingskomponisten gefragt - eine typische Frage von Laien an Musiker, eine, die wir Musiker uns gegenseitig wohl eher selten stellen. Vielleicht weil wir sie vordergründig als banal empfinden. Vielleicht auch, weil eine direkte Antwort darauf, ehrlich gesagt, unmöglich ist. Musik ist zu meinem Leben geworden. Nichts von dem, was ich tue, hat nicht irgendwas mit Musik zu tun. Ich habe Werke berühmter und weniger bekannter Komponisten einstudiert und dirigiert, aus ganz unterschiedlichen Epochen. Ich habe versucht, sie zu verstehen. Unzählige Stunden habe ich darüber nachgedacht, wie die Orchester, die ich dirigiere, die Werke spielen könnten, um dem Publikum die darin liegenden Aussagen nahe zubringen. Ich habe mich bemüht, bis zum Kern der Kompositionen vorzudringen und so mancher Rätselhaftigkeit auf die Spur zu kommen. Ich tue es heute noch. So sind mir meist die Komponisten, mit deren Werken ich mich gerade intensiv beschäftige, am präsentesten und vielleicht in dem Moment auch am nächsten. Aber sind sie mir dann auch die liebsten ?Ich weiß es nicht. Meine Entdeckungsreise durch die Welt der klassischen Musik, die vor sechzig Jahren an der Westküste Kaliforniens in einem Fischerdorf begann, ist längst nicht zu Ende. Im Gegenteil : Meine künstlerische Neugier treibt mich täglich weiter in diese faszinierte Welt hinein, deren Umfang immer größer wird, je tiefer ich in sie vordringe. Die Welt der Musik gleicht unserem expandierenden Universum. Je mehr ich mich mit Musik befasse, desto weniger meine ich über sie zu wissen. Wie also sollte ich diese offenbar gar nicht so banale Frage nach meinem Lieblingskomponisten beantworten ?Vielleicht, indem ich sie anders formuliere : "In deiner freien Zeit, in Stunden, die nicht verplant sind und ganz dir gehören - welche Musik würdest du dann für dich spielen ?" Die Antwort darauf ist viel einfacher. Es ist die Musik von Johann Sebastian Bach. Das sage ich ohne den Hauch eines Zweifels. Von frühester Kindheit an hat mich Bach verfolgt und ich ihn. Bis heute. Seine Musik lässt mich nicht los. Ihre Tiefe ist unendlich. Sie vereint alles, was klassische Musik ausmacht. Und bis heute bin ich auf der Suche nach dem Warum.
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